„Wenn Sie nur einem Kind und einer Mutter helfen, dann helfen Sie der ganzen Stadt“
Mutter-Kind-Wohnen begleitete 77 Mütter in 15 Jahren
Kein Leben verläuft geradlinig, sondern ist beeinflusst von überraschenden Entwicklungen und unvorhersehbaren Ereignissen. Manches wirft uns aus der Bahn: Eine ungewollte Schwangerschaft, Gewalt in der Partnerschaft oder psychische Belastungen. In schwierigen Lebensphasen braucht es eine helfende Hand und unterstützende Begleitung. Eine solche Wegbegleitung bietet seit nunmehr 15 Jahren das Mutter-Kind-Wohnen der Diakonie.
Die Initialzündung zur Einrichtung kam von Margarete Winnichner, als sie vor rund 18 Jahren die Not einer jungen schwangeren Frau erlebte, die ihr Kind behalten und selbst aufziehen wollte, dazu aber dringend Begleitung brauchte. Für solche Fälle gab es zu dieser Zeit keine adäquate Einrichtung in unserer Region. So entstand die Idee, im Gebäude des ehemaligen Martin-Luther-Heims in Traunstein eine Einrichtung für Schwangere und Mütter ab 14 Jahren zu schaffen, in der sie für einen gewissen Zeitraum gemeinsam mit ihren Kindern sozialpädagogisch begleitet werden.
Nachdem alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt waren, konnte vor 15 Jahren mit einer ersten teilbetreuten Gruppe gestartet werden. Mittlerweile umfasst das Angebot vier Belegplätze in der Teilbetreuung, fünf Belegplätze in der Vollbetreuung rund um die Uhr, 24 Stunden pro Tag, 365 Tage im Jahr, und zwei Wohneinheiten für die Nachbetreuung. Zudem erfolgt nach Bedarf eine Nachbetreuung in einer von der Stadt Traunstein angemieteten Wohnung sowie in Wohnungen, die von Müttern selbst angemietet wurden.
Bis jetzt wurden bereits 77 Mütter mit ihren Kindern begleitet. Zur Zeit sind alle Plätze belegt. Das Ziel der Begleitung ist dabei immer die Stärkung und Förderung der Mütter und ihrer Kinder, damit sie in Verantwortung für sich und ihr Kind wieder eigenständig und selbstbestimmt leben können. Sozialpädagogin Maria Singer-Truong brachte dies mit folgender Aussage auf den Punkt, das den Prozess mit den begleiteten Müttern sehr gut beschreibt: „Wenn Du mich nicht magst und brauchst, musst Du bleiben. Wenn Du mich magst und nicht mehr brauchst, musst Du gehen.“
Traunsteins Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer dankte im Namen der Stadt den Verantwortlichen der Einrichtung und der Diakonie mit den Worten: „Wenn Sie nur einem Kind und einer Mutter helfen, dann helfen Sie der ganzen Stadt.“ Eine Einrichtung wie diese sei wichtig für die Gemeinschaft der Stadt und sage etwas darüber aus, „wie wir zusammenhalten“.
„Wenn Du ein Kind siehst, ertappst Du Gott auf frischer Tat“, zitierte Dekan Peter Bertram in seiner Andacht Martin Luther. Obwohl Luther ein sehr starker und durchsetzungsfähiger Mensch gewesen sei, der mit Vehemenz für seine Werte eintrat, war er andererseits auch schwach, oftmals krank und von Selbstzweifel und Gewissensbissen geplagt. Auch wenn niemand seine eigene Schwäche gerne zugebe, sei es doch okay, sich helfen zu lassen. „Jesus stellte Kinder in den Mittelpunkt und hatte eine Sympathie für Schwache“, betonte Bertram.
Die Jubiläumsfeier verdeutlichte, wie sehr der Erfolg einer Einrichtung wie dem Mutter-Kind-Wohnen von der Kompetenz und dem Einsatz der pädagogischen Fachkräfte und der Leitung abhängt. Höchste Anerkennung, sowohl von den Müttern als auch von den Mitarbeitenden wurde dabei Leiterin Veronika Kecht zuteil, die die Einrichtung nicht nur über all die Jahre aufgebaut und weiterentwickelt, sondern vor allem auch inhaltlich und atmosphärisch geprägt hat. Das Mutter-Kind-Wohnen mit seiner familienähnlichen Struktur ist für die Traunsteiner Diakonie eine wichtige Größe, betonte Vorstand Andreas Karau.