„Die Menschen waren sehr berührt!“
Tageszentrum Burghausen bringt im Zusammenwirken mit der OBA Altötting Hygieneartikel, Decken, Handtücher und Geldspenden für aus der Ukraine Geflüchtete nach Nidzica
„Nidzica erlebt plötzlich hautnah, wie Europa zusammenrückt, sich gegenseitig hilft und Solidarität zeigt“, sagte Bürgermeister Jacek Kosmala im Gespräch mit den Helferinnen und Helfern aus Burghausen. Dirk Hentrich, dem Leiter des Tageszentrums Burghausen der Diakonie und Initiator der Hilfsaktion hat vor allem beeindruckt, dass die Menschen vor Ort sehr berührt waren und das auch zeigten. „Unser Signal, einfach helfen und zusammenhalten zu wollen, ist angekommen.“
Rund 15.000 Einwohner leben in der Gemeinde Nidzica in Polen, berichtet Hentrich, in der nun 550 aus der Ukraine Geflüchtete meist von privat aufgenommen wurden. Weitere Geflüchtete werden erwartet. Im Gespräch mit Hentrich wird deutlich, wie sehr ihm die Gastfreundschaft der polnischen Freunde und die Erlebnisse der vergangenen drei Tage nahe gingen. Die ermutigenden Erfahrungen begannen jedoch bereits hier: Die vielen gespendeten Waren, mit denen drei Kleinbusse der Diakonie bis an die Decke gefüllt wurden. Die Diakonie-Kolleginnen Elisabeth Borst, Kirsten Iberl-Lange, Angelina Tillmanns und Elisabeth Marbach-Rohr sowie Kirchenvorsteher Udo Eisleben von der evangelischen Kirchengemeinde Burgkirchen, die sich sofort bereiterklärten, ehrenamtlich mitzumachen und als Fahrer einzuspringen. Die Bereitschaft des Diakonischen Werks Traunstein, die Spritkosten zu übernehmen, und die 1030 Euro, die von privat für die Aktion gespendet wurden. Zudem organisierte Thomas Müller, Leiter der offenen Behindertenarbeit im Landkreis über sein Netzwerk in kürzester Zeit wärmende Decken und benötigte Handtücher. Allein diese füllten mehr als einen Bus.
Rund zwölf Stunden brauchte der aus drei Kleinbussen bestehende Konvoi für die 1200 Kilometer nach Nidzica. Alle zwei Stunden fand ein Fahrerwechsel statt, der jeweils für eine kurze Pause genutzt wurde. Die herzliche Begrüßung bei der Ankunft und das ausgiebige Abendessen ließen die lange Fahrt schnell vergessen. Gleich Samstagfrüh mussten die Busse entladen werden. Dazu standen 15 Schülerinnen und Schüler mit ihrer Lehrerin bereit, sprachliche Hürden gab es dabei dank Übersetzerin Sabina Regula nicht. Nidzicas Bürgermeister Jacek Kosmala informierte im Anschluss über die aktuelle Situation vor Ort und wie sehr solche Hilfen von den Bürgern wahrgenommen werden. Zugleich animierten diese auch andere, wie die Partnerstadt aus Frankreich, die von der Aktion Kenntnis erhielt und nun ebenfalls eine Hilfslieferung plant. So erlebe Nidzica plötzlich, wie Europa zusammenrückt und sich gegenseitig hilft.
Diese Gegenseitigkeit erfuhren auch die Helfer aus Burghausen ganz konkret. Da bei einem Bus das Heizungsrohr während der Fahrt undicht wurde und Kühlwasser abfloss, suchten sie Samstagmittag noch schnell eine Autowerkstatt auf. Für die fachkundige Reparatur etwas zu verlangen, kam dem Inhaber jedoch nicht in den Sinn. „Von euch nehme ich kein Geld“, sagte er augenzwinkernd und wünschte weiter gutes Gelingen.
Ganz besonders freute die Delegation aus Burghausen, dass mit dieser Aktion die bereits vor Jahren geknüpften Kontakte zur evangelischen Kirchengemeinde Nidzica mit Pfarrer Roland Zagora wiederbelebt und vertieft wurden. Viele Ideen für gemeinsame Projekte waren vor Jahren bereits im Gespräch, ehe die Corona-Pandemie für eine Zwangspause sorgte: Wie könnte ein gemeindepsychiatrischer Ansatz, wie er beispielsweise in Burghausen funktioniert, in der Gemeinde Nidzica aussehen? Wie kann voneinander gelernt und die entstandene Freundschaft dauerhaft vertieft werden? Durch die Hilfsaktion sei die evangelische Kirchengemeinde Nidzica sehr in die öffentliche Wahrnehmung gerückt, hob Pfarrer Zagora hervor, und das obwohl sie mit nur 350 Gemeindegliedern eine recht kleine Gemeinschaft sei. Die gespendeten Hygieneartikel kämen zu einem Teil den Geflüchteten hier vor Ort zugute, während der andere Teil für eine weitere Hilfslieferung an die Grenze zur Ukraine verwendet werde. Die Vorbereitungen hierzu seien bereits angelaufen.
Alle an der Hilfsaktion Beteiligten waren sich beim Abschied sicher: Die Verbindung wird bleiben und in Zukunft sogar weiter ausgebaut werden.