Mittendrin dank vielfältiger Angebote
Altöttinger Sozialforum zeigte buntes Kaleidoskop an Unterstützungsformen
Ein gemeinsames Leben aller Menschen mit und ohne Behinderungen soll Normalität sein, fordert die UN-Behindertenrechtskonvention. Dazu bedarf es einer gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft, die von vornherein allen Menschen uneingeschränkt möglich gemacht werden muss. Wie Inklusion praktisch funktionieren kann, verdeutlichte das Altöttinger Sozialforum, das die Diakonie in Südostoberbayern in Zusammenarbeit mit über 20 Trägern und Einrichtungen aus dem Landkreis unter der Schirmherrschaft von Landrat Erwin Schneider organisierte.
Ein buntes Kaleidoskop unterschiedlichster Angebote und Hilfeformen zeigte die Sozialforums-Messe. Zahlreiche kurze Fachvorträge erläuterten einzelne Angebote, die den Weg für ein Leben inmitten der Gesellschaft – je nach Art des individuellen Handikaps – ebnen helfen. Das Themenspektrum reichte von der Notfallversorgung bei Epilepsie durch Laien, dem selbstbestimmten Leben durch das ambulant betreute Wohnen und der tatkräftigen Unterstützung von Familien durch den familienentlastenden Dienst, bis hin zu Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung. An den Messeständen gab es neben aktuellen Informationen viele Gelegenheiten, selbst etwas auszuprobieren. Praktische Übungen aus der Ergotherapie vermittelten beispielsweise wie schwer das Schreiben oder Linien nachzeichnen sein kann, wenn genau dies eine individuelle Beeinträchtigung schier unmöglich macht, und wie mit Hilfe ausgeklügelter Methoden und Übungen Verbesserungen erzielt werden. Am Stand der Offenen Behindertenarbeit konnten durch Tasten in einer „Fühlbox“ verborgene Gegenstände bestimmt werden. Technisch hochwertige Geräte des Zentrums für Kinder und Jugendliche Inn-Salzach e.V. kommen zum Einsatz, um den Gleichgewichtssinn zu stärken, durch Spasmen und Fehlhaltungen bedingte Muskelverhärtungen zu lockern und Linderung zu schaffen. Der Integrationsfachdienst informierte über die umfangreichen Möglichkeiten, einen Arbeitsplatz trotz Behinderung dauerhaft zu erhalten.
Behindertentestament schützt Erbe
Dass Teilhabe und der Versuch, trotz Handikap mittendrin in der Gesellschaft zu sein, oftmals auch mit finanziellen Möglichkeiten zu tun hat, verdeutlichte die Auftaktveranstaltung des Sozialforums. Dazu ist es wichtig, sich so frühzeitig wie möglich über öffentliche Hilfeleistungen und finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren. In bestimmten Konstellationen ist es zudem notwendig, rechtzeitig Vorsorge zu treffen und familiäres Vermögen zu schützen, damit es dauerhaft und nachhaltig für die Belange des Kindes mit Behinderung eingesetzt werden kann. Daher legte Referent Jürgen Greß, Fachanwalt für Sozialrecht, den inhaltlichen Schwerpunkt auf das Thema Erbrecht und Behindertentestament. Detailliert führte er aus, welche rechtlichen Grundlagen im Todesfall einer oder beider Eltern verhindern oder ermöglichen können, das Erbe zum dauerhaften Nutzen des behinderten Kindes einzusetzen. Mit Hilfe eines Behindertentestaments und der Festlegung eines Testamentsvollstreckers lässt sich bis in kleine Einzelheiten regeln, für welche Ausgaben das Erbe eingesetzt werden darf. Dies können je nach Vorlieben des jeweiligen Menschen mit Behinderung die Ausübung von Hobbys, Reisen, kulturelle Veranstaltungen und von Krankenkassen nicht bezahlbare Therapien sein. Oder Hilfsmittel wie Zahnersatz, Brille, Hörgeräte und Mobilitätshilfen, die zumindest in der gewünschten Ausstattung ohne Zuschuss aus dem Erbteil nicht finanzierbar wären. Nur wenn diese Belange vorher geregelt werden, können diese finanziellen Mittel geschützt werden. Ansonsten würden sie bis auf den gesetzlich festgelegten Schonbetrag für die Finanzierung der öffentlichen Hilfeleistungen herangezogen. Über die Regelbeträge hinausgehende Leistungen sind dann nicht mehr zu finanzieren.
Das große Interesse der Besucher und die vielen detaillierten Nachfragen zeigten, wie wichtig dieses Thema für die betroffenen Familien ist. Trotz fortgeschrittener Stunde folgten sie den weiteren Ausführungen zu den Änderungen in der Pflegeversicherung, die ab Januar 2017 in Kraft treten, sowie zu aktuellen Entwicklungen bei Sozialhilfeleistungen